Das St.Georges Hotel ist ein weiterer Zeuge und ein Mahnmahl gegen die Gentrifizierung des Central District von Beirut – Mein Abschied von der Stadt findet unbemerkt statt – Und mein Kopf ist heiss und voller Eindrücke – Eindrücke an der «Green Line»
BEIRUT. Ein dritte Zeuge, der den Bürgerkrieg im Libanon überlebt hat, ist das Hotel St.Georges unten an der Zaitunay Bay, also am nördlichen Rand des Central District, am östlichen Ende des Mittelmeers. Auch dieses Gebäude hat den Krieg nicht unversehrt überstanden. Im Gegensatz zum Holiday Inn und dem Ei sieht man dem St.Georges seine Wunden nicht an und viel bräuchte es nicht, dass der Bau aus dem Jahr 1920 wieder in seinem alten Glanz erstrahlen könnte. Es in seinem alten Glanz erstrahlen lassen – ein naheliegender Gedanke und wohl auch mit nicht allzu viel Aufwand machbar. Doch so einfach ist das nicht, wie bei seinen «Kollegen» ist auch beim St.Georges ein Streit um das weitere Vorgehen entstanden. Die Solidere, die vom einstigen Premierminister gegründete und mit dem Wiederaufbau des Central District beuaftrage Immobiliengesellschaft, möchte das schöne Haus, in dem einst der Schah von Persien und die Taylor von den USA (nicht gleichzeitig) abgestiegen sind, niederreissen und etwas Neues, Grösseres und Prächtigeres, ja eh Represäntableres hinstellen (siehe auch Masterplan).
Doch die Besitzer, der Yachtclub Beirut, wollen nicht. BeiruterInnen, die endlich erwacht sind aus ihrer Nachkriegsstarre und sich von der Solidere nicht mehr alles vorsetzen lassen wollen, auch nicht. Und so läuft beim St.Georges Hotel derzeit wie schon seit mehr als 20 Jahren gar nichts. Es dümpelt dahin, derweil das ganze umgebende Quartier bald vollständig gentrifiziert ist. Es zieht, nicht nur weil es still vor sich hin gammelt. sondern weil es krass kontrastiert mit den umgebenden Prachtsbauten (und der millionenteuren Yachten im Hafen), alle Blicke der Passanten auf sich. Auch meinen Blick hat es erhascht, so stark, dass ich das Denkmal (am linken Bildrand) des 2005 ermordeten Ministerpräsidenten Rafik Hariri doch glatt übersehe.
Am nächsten Morgen – ach was schreibe ich: in der nächsten Nacht – verlasse ich diesen armseligen Ort. Um halb Vier Uhr (in Worten: 3.30am) holt mich Taxifahrer Ali vor dem Hotel «Caramel» ab. Ich bin halb tot, habe diese und die letzten drei Nächte miserabel bis gar nicht geschlafen, dabei 5 Liter Schweiss pro Nacht geschwitzt und immer noch einen hot head (heissen Kopf) und ausserdem Schluckweh (rechter Lympfknoten am Hals ist ein Pfirsich). Die Wartezeit vor vier Tagen im unterkühlten Shuttle auf dem Flughafen in Dubai hat seine Wirkung erzielt. Ich bin krank. Dass es Malaria sein könnte, kommt mir erst Tage später zuhause in den Sinn. Da ist es aber keine Malaria mehr sondern eine Bronchitis. Vielleicht sogar eine Lungenentzündung, wer weiss das schon, ich jedenfalls nicht denn zum Dökti gehe ich nicht, ich fresse keine Pillen dafür Honig bis ich kotze und grausliche Tabletten aus der Drogerie, trinke Tee bis keiner mehr da ist und esse nichts mangels Appetit. Letzteres kommt sehr, sehr selten vor, was ein Indiz für eine sehr, sehr schwere Erkrankung ist. Nach zwei Wochen Leiden bin ich 5 Kilo leichter. Etwas Gutes hat so eine Krankheit doch. Schlecht ist, dass ich keinerlei Energie habe, um dies hier niederzuschreiben. Und so schreibe ich dies hier halt erst ein paar Wochen später nieder (genauer: 2 Monate später, bin zwischenzeitlich für 11 Tage nach Malta gereist zwecks Erholung).