Meinen letzten Blogpost aus Malaga könnte man, also ich, etwa so betiteln: Ausschluss vom Paradies. Auch wenn ich in dieser Situation (siehe Bild) nicht allzuviel falsch gemacht habe, keinen verbotenen Apfel vom Baum geholt habe oder garament Vegetarier bin, fühle ich mich ausgeschlossen. Es gibt nicht sehr viele begehrenswerte Orte auf der Welt, an denen ich wirklich gerne eine Weile wäre und gleich in alles hineinbeissen wollte – spanische Metzgereien gehören dazu. Doch es ist wohl der Touristen Los, von bestimmten Dingen, die im Reich der Einheimischen liegen, ausgesperrt zu sein. Das ist in vielen Fällen gut so (auch wenn es gewissen Touris nicht passt), aber in diesem Fall ist es seelische Qual.
Klar, ich könnte jetzt da rein und meine Shoppingliste abhaken. Reinlassen (und wieder raus) würden mich die da bestimmt. Die Aussperrung ist eher eine gefühlte, imaginäre, ja illosorische, denn eine reale. Und das hat allein damit zu tun, dass ich praktisch von allem, was hier drin zum Verkauf angeboten wird, keine Ahnung habe. Ja, es ist alles Fleisch, und alles schmeckt köstlich (vermutlich). Aber man, also ich, kann ja nicht gleich alles zusammen kaufen, nur weil mir bei jedem Stück, jeder Wurst und jeder Terrine gleich das Mundwasser zusammenläuft. Selektionieren heisst die Devise, aussuchen, bestimmen, bestellen, vielleicht sogar probieren. Dann kaufen. Doch jetzt beginnt das Problem: Wie sage ich es der Dame hinter der Vitrine?
Mein Hirn denkt: «Ich möchte dies und das, und jenes auch, was ist das, was ist da drin, was ist der Unterschied zwischen dem und derer, ist es scharf, mild, gekocht, geräucht, roh, eingelegt, … undsoweiter.» Und jetzt? Alle diese Fragen auf Spanisch stellen ginge ja noch so einigermassen – aber die Antworten! Nichts von allem würde ich verstehen, was in dieser Wurst ist, warum dieser Schinken und nicht jener, aus was die schöne bleiche Terrine gemacht ist und aus was die schwarze.» Nichts von allem, was die Dame mir freundlich entgegnen würde, würde ich checken und wäre darum genauso gescheit wie am Anfang. Blind etwas kaufen? Einfach mal irgendwo anfangen? Eine Wurst vielleicht? Aber wenn ich die falsche erwische? Wäre die daneben nicht doch leckerer gewesen? Und wenn sie lecker ist, wie war jetzt wieder der Name? Kriege ich die allenfalls zuhause auch?
Doch ich bin Gast in einem Hotel. Woher kriege ich Messer, Gabel, Teller, Brot, Rioja? Hätte ich nachher vielleicht keinen Hunger mehr und würde eine andere Spezialität in einer Beiz verpassen? Soll ich die Wurst (welche, wieviel?), die Terrine (welche, wieviel?), den Jamon Iberico (einen ganzen? Gibtz den auch halb?) ins Gepäck packen? Wieviel darf ich einführen? Würde es das Teil, die Teile überhaupt bis zum Schweizer Zoll schaffen, hätt› ich sie nicht vorher verspiesen (beim Warten in der Wartehalle? z.B.)? Keine(r) weiss mir eine Antwort darauf. An der Theke dieser Metzgerei wäre ich der einsamste Mensch in Malaga. Deshalb gehe ich gar nicht hin zur Theke und steh› dann da wie der Esel am Berg. Doof und im Selbstmitleid mich alsdann von dannen machend. Deshalb fühle ich mich an solchen Orten immer irgendwie ausgeschlossen. Das Paradies vor Augen – doch ich lasse mich selbst nicht hinein.
P.S.: So ganz aussichtslos ist die Lage nicht, es gibt einen Ausweg aus der Misere: Das Stehtischchen im Vordergrund. Es ist nämlich genau dazu da, das Zeug’s im Laden auszutesten (und/oder den kleinen Mitternachtshunger zu stillen). Einfach an die Vitrine stehen, die Hände sprechen lassen und dazu ein Glas Roten bestellen. «Una copa de Rioja, por favor.». Und dann nochmals hinstehen, die Hände wieder sprechen lassen, Begeisterung zeigen. Nach dem vierten Copa de Rioja fällt das Problem der Kommunikation dann ohnehin weg.