Fotografieren verboten – Checkpoints in Mauretanien un deren Regeln – Das Interesse gilt den Ausländern und dient deren Sicherheit – Man muss einfach nur genug Passkopien bei sich haben denn die Gendamerie hat keinen Kopierapparat
NOUAKCHOTT/NOUADIBOU. Man kennt langsam die Prozedur: Der Fahrer gibt dem Polizisten die Kopien unserer Pässe. Der Gendarm checkt sie mit einem flüchtigen Blick (ob er sie lesen kann, bleibt sein Geheimnis) und gibt dann mit einer Handbewegung die Weiterfahrt frei. Manchmal wechselt unser Guide Achmad ein paar Worte mit dem Gendarmen, oder er erklärt ihm wer wir sind, auch das kann ich, des Arabischen unmächtig, nicht nachvollziehen. Vielleicht erklärt er ihm auch, warum die Kopien so schlecht sind, dass eigentlich nichts darauf zu erkennen ist (weil der Kopierer im Hotel in Nouadibou wahrscheinlich aus dem Mittelalter stammt). Die Originalausweise will der Gendarm nicht sehen, der Polizist, auch die Ausweise von Adama und Achmad nicht. Meist schreibt er dann irgendwas auf die Rückseite der Kopien, vielleicht das heutige Datum, sofern er einen Kugelschreiber hat, wenn nicht, bettelt er uns um einen an, und ich schenke ihm einen von meinen.
Auf der Fahrt von Nouakchott nach Nouadibou, sechs Stunden in einem vollbesetzten Minibus, gibt es rund sechs oder sieben Checkpoints oder noch mehr, ich habe sie nicht gezählt. Manche sind mitten auf der Strecke im Niemandsland, manche kurz vor oder nach einer Stadt. Bei solchen Checkpoints, die erst aus der Nähe als solche zu erkennen sind, muss man eine Regel befolgen: der Fahrer muss an der Tafel etwa 50 Meter vor dem Checkpoint anhalten, auch wenn am Checkpoint gerade niemand gecheckt wird. Erst wenn der Gendarm, der dann aus seiner Hütte (Baracke, Verbau, Verschlag, sicher aber kein Haus) kommt, das Fahrzeug herwinkt, darf man weiterfahren und exakt genau beim Gendarmen anhalten.
Wenn diese Checkpoints in der Wüste sind, muss man wissen, wo sie sind. Meistens sind sie in einem Dorf, irgendwo, nicht zu erkennen, weil nicht angeschrieben, der oder die Gendarmen dösen in der Hütte. Kein Strom, kein Internet, eventuell Handynetz, kein Computer, keine Schreibmaschine. Man drückt dem Polizisten die Kopien in die Hand und das wars. Vielleicht verschwinden diese Zettel irgendwo in einer Schublade, oder jemand gibt sich die Mühe, die Angaben auf eine Liste zu schreiben und die Liste irgendwann einem Kurier oder der Ablösung mitzugeben. Vielleicht registriert die Authority oder das Tourismusministerium oder irgend sonst ein Amt, wo wir (Ausländer) gerade sind, bzw. waren.
Gendarm an einem Checkpoint bei Nouadibou – Fotografieren verboten imfall!
So ist man in Mauretanien immer gut behütet. Diese Kontrollen dienen der Sicherheit der Touristen und nicht zu deren Schikane. Für die Einheimischen im Minibus interessieren sich die Gendarmen nicht wirklich. Es sind ja auch nur Frauen im Bus, ausser dem Fahrer und dem der neben ihm sitzt (Ersatzfahrer?). Ich fühle mich jederzeit gut aufgehoben. Weit und breit keine Gefahr. «In Mauretanien werden und wurden keine Ausländer entführt», sagt Idoumou, der Tourorganisator. Entführungen seien im Nordosten, da wo Mauretanien an Algerien und Mali grenzt, 1’000 Kilometer weit weg, vorgekommen. Die Terroristen und Banditen kümmern sich dabei nicht um Landesgrenzen, sie schnappen sich halt die, die grade durchfahren. Doch fährt dort niemand mehr durch ausser völlig Durchgeknallte oder MissionarInnen. Es ist längst bekannt, wo diese Banden operieren, und wer da noch ein Wüstenabenteuer sucht, ist selber schuld.
Aber die Schweiz (und Deutschland) schätzen die Gefahr ein Entführung in Muaretanien als hoch ein. Das Eidgenössische Amt des Äussern EDA führt den Mord auf einer Überlandstrasse (Nouakchott – Nouadibou, die Strasse, auf der wir gerade fahren) im Jahr 2016 als Beispiel an. Dieser Überfall stand jedoch in keinem Zusammenhang mit Auslaändern. Es war ein gezielter Überfall auf Einheimsche, wobei es um eine Lastwagenladung ging. Und auch bei einem zweiten Beispiel, bei einer Auseinandersetzung mit politischem Hintergrund in Nouakchott im Jahr 2014 kam «nur» ein Einheimischer zu Tode. Seit etlichen Jahren ist kein Ausländer mehr in Mauretanien zu Schaden gekommen. Mauretanien liegt selbst viel daran, dass Touristen sicher sind – es will ja den Tourismus ankurbeln. Aber das EDA sieht das wider besseren Wissens anders. Mit seiner Einschätzung der Sicherheitslage und seinem grundsätzlichen Abraten von Reisen nach Mauretanien verhängt die Schweiz einen Reiseboykott gegen das friedliche Land. Somit vermittelt kein Reisebüro Reisen nach Mauretanien und der Status als gefährliches Land wird zementiert. Vielleicht ist das auch ganz gut so. Denn als Selbstreisender hat man das ganze Land und die ganze Aufmerksamkeit der Menschen für sich. Keine lärmenden Pauschaltouris weit und breit – waischwiegeiley!