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Rockaroundtheworld – First we take Kiew

Mit einer Rechtskurve stürzt sich die Embraer auf Kiew. Sieht ziemlich kalt aus da draussen. Im Westen geht gerade die Sonne unter und wir vielleicht auch. Ein letztes Foto noch.

Anflug auf Kiew

Monn e – Null Grad! Sagte doch garde noch der Pilot. Ich hörte nicht hin aber jetzt wird mir klar: Ich bin völlig underdressed. Auf dem Vorfeld nimmt der Jet die falsche Richung, es sieht nicht danach aus, als werde er am Terminal andocken. «Scheint kalt zu sein draussen», sage ich zu meiner Sitznachbarin. «Etwa 2 Grad plus», erwidert sie. Ich hätte schon erwartet, dass an einem internationalen Flughafen wie diesem beim Terminal angedockt wird. Dass man, also ich, im Trockenen und Warmen ins Gebäude gehen kann. Wozu sollte ich Winterkleider einpacken, wenn meine Reise Richtung Sommer und Südsee geht? Doch der Flieger wird auf dem Vrfeld parkiert. Man steigt in den Bus und natürlich steht der mit offenen Türen noch eine ganze Weile da und ich im Sommerdress. Monn e.

Doch dann sind wir drin und durch durch die Kontrollen (die nehmens genau, nicht so genau wie in Zürich, aber in Zürich nehmen sies obergenau). Von nun an führe ich zwei Zeiten. Die Loaklzeit und die Degersheimer Zeit. Im Moment sind es erst eine Stunde Unterschied. Später werdens mehr und am Samstag dann ein ganzer Tag. Ein ganzer Tag und doch keiner. Die Zeit läuft weiter und ich ihr entgegegen. Irgendwann werde ich sie einholen und dann haben wir ein Problem. Natürlich haben wir kein Problem denn es gibt ja die Datumsgrenze. Einen Umstand, denn ich mir schon vor ein paar Tagen durch den Kopf habe gehen lassen um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen: Habe ich nicht einen Tag übersprungen wenn ich zurückkomme? Ich bin ja der Zeit z’Degersche immer mehr voraus? Jetzt ein Stunde, am Samstag ein tag, und wenn ich dann hintenrum fliege und wieder zurück bin? Zwei Tage?

Das Problem haben irgendwelche Leute (Papst Gregor? Die NASA? Albert Einsteine?) mit dem Datumssprung. Eigentlich ein Datumsrücksprung. Er erfolgt auf der anderen Seite des Globus beim 180. Längengrad. Man nennt den Grad auch Datumsgrenze. Die Datumsgrenze braucht es, weil man, also die ganze Welt, sonst immer sich selber überholen wollen würde. Wenn man gegen die Urhzeit fliegt, ist man irgendwann mal dem Kalender einen Tag voraus, das ist das Problem. Darum wird zwischen Australien und Amerika ein Datumsrücksprung eingebaut. Wenn man da bei Mitternacht drüberfliegt, ist man nach Mitternacht wieder im gestern. Also im heute statt im morgen. Oder zweimal im heute. Wenn man an seinem Geburtstag über die Datumsgrenze fliegt (oder fährt oder schwimmt), kann man zwei Mal feiern. Tenk muss man von West nach Ost schwimmen nicht umgekehrt.

Und gestern, im Bett, kurz vor Mitternacht, wird mir plötzlich klar: Da stimmt was nicht in meiner Planung. Ich also raus aus dem bett und schau nach in den Flugtickets und tatsächlich: Ich fliege in Sydney am 24.2. abends ab und lande in Honolulu morgens am 24.2. Bin also ein Tag früher in Honolulu. Jetzt habe ich dermassen viel um diesen Datums-Jump herumgehirnt und ihn dann doch übersehen. Und jetzt habe ich kein Hotel. Bin ausserdem nun vier Tage auf Hawaii und nicht drei, und darum dauert die Weltumrundung jetzt noch einen Tag länger als gedacht. Was wiederum bedeutet, dass man den Trip enad in elf Tagen machen könnte (wenn man die drei Ruhetage in Honolulu weglassen würde, gings also auch in acht Tagen). Aber ich will ja keinen Rekord aufstellen. ich muss jetzt nur noch ein Hotel buchen und mich freuen auf den Zusatztag an der Waikiki-Beach!

Ups – PS271 wird ausgerufen. Muss einsteigen- ab nach Bangkok!

 

Rockaroundtheworld – Koffer packen (grip the bag)

Und dann staunt man, mit wie wenig man, also ich, auf Reisen auskommen kann. Das leichte Gepäck für die Weltumrundung:

Üblicherweise packe ich recht knapp vor dem Abflug. Denn üblicherweise kommt immer in etwa das selbe in den Koffer: Kleider, Kulturbeutel, Ladegräte. Aber diesmal, wo mir die Asia Air mein Handgepäck auf 7 Kilo beschränkt (sonst kostetz extra), muss ich mir schon ein paar Gedanken machen. Bei den Unterhosen/T-Shirt/Socken ist die Hälfte schon mal wieder rausgeflogen, stattdessen kommt ein Express-Waschmittel mit. Doch halt, die Tube hat 250 ml, geht nicht (auch wenn sie schon halb leer ist, die in ZRH sind da gnadenlos), also wieder raus. In Honolulu (bis dahin müssen drei Unterhosen reichen) wird schon irgendwie Waschmittel aufzutreiben sein.

Bei den Steckdosenadaptern muss ich das Internet bemühen. Ja doch, andere Steckdosen in Bangkok, Sydney und Ponta Delgada, aber gleiche Spannung. Andere Spannung in Honolulu (110VAC). Aber der Trafo kommt trotzdem nicht mit denn da hilft mir die Firma mit dem Apfel. Das Netzteil für das MacBook funnzt auch bei 110 Volt. Dann kommt noch weiteres Kleinmaterial mit wie Schlaftabletten, Sandalen (für die Waikiki Beach), etwas gegen Insektenstiche, etwas gegen Durchpfiff (Diarrhoe), etwas gegen trockene Augenschleimhäute (HyloGel, absolut geil das Zeug imfall), Ersatzbrille, Notizblock, Getreideriegel, iPad, Impfschein, Ohrstöpsel, Ohrhörer, ein dickes, aber nicht allzu anspruchsvolles  Buch, das in die Seitentasche der Cargohose kommt, somit nicht das Handgepäck übergewichtig werden lässt (und wenn gelesen, liegengelassen werden kann), noch nicht gelesene Zeitungen der letzten Tage, die übrigbleibenden der gestern zuviel gekauften Bananan.

Und dann noch die beiden roten Pässe. Wozu zwei Pässe? Weil der gewiefte Reisende mit 2 Pässen reist, tenk. Ein fast nagelneuer biometrischer, auf der Rückseite mit den Resten von Gepäck-Tags verklebter, ein älterer unbiometrischer, dafür mit USA-Visum drin. Das Visum ist noch gültig und erleichtert die Einreise in die USA ungemein, weil es kein ETA braucht und kein Fingerprintprozedere bei der Passkontrolle (auf Hawaii) nötig ist. Der Pass ist aber wertlos, weil gelocht, nur die Seite mit dem Visum ist noch heil. Funktioniert imfall, getestet am 23.12.2014 im Brooklyn Cruise Port (New York). Was nicht mitkommt: Rasierzeug. Winterkleider, Pyjama. Schlafe nackt, imfall.

Ja und tenk das Compüterli kommt auch mit und das Händy und die rote Kamera (wasserdicht). Sonst gäb’s ja keine Blogposts mehr!

 

Rockaroundtheworld – Detailplanung

Dieses verrückte Projekt «rockaroundtheworld» beschäftigt mich nun doch mehr als ichs mir gedacht habe. Detailplanung ist angesagt und ich komme nicht mehr umhin, eine «to do list» anzulegen.

Etwas was ich normalerweise gerade noch so knapp in meinem alten Hirn behalten kann, muss bei diesem Projekt in eine Tabelle: Flugdaten, Layover-Zeiten, Hotelnamen, Visaerfordernisse und so Zeugs. Wenn man zum Beispiel, unter normalen Umständen, einen Hin- und Rückflug bucht, dann ist der mit dem Abschluss der Buchung ja auch schon bezahlt. Ein to do weniger. Einen Tag vor dem Abflug muss man noch ein to do erledigen, das Einchecken. Nun kann man den Flug vergessen und muss enad nur noch rechtzeitig zum Flughafen fahren. Dasselbe mit dem Buchen des Hotels: Suchen, entscheiden, Mastercardnummer eintöggelen, vergessen.

Jetzt ist das aber bei 10 Flügen etwas aufwendiger. Bei welcher Airline kann ich ab wann einchecken? Wie sind die Handgepäckbestimmungen, 7 Kilo, 23 Kilo, frei oder gar gegen Aufpreis? Alles muss auf die Liste. Dann die Abteilung Essen. Grundsätzlich gibt es bei diesen Billigflügen nichts gratis zu essen. Im Voraus buchen kommt günstiger. Brauch› ich auch auf den kurzen Flügen was zu essen ? Und auf den langen, wo man um 23 Uhr einsteigt und dann erst mal das Essen gereicht wird, brauch› ich das? Um Mitternacht ess› ich nichts mehr. Doch wenn dort Mitternacht ist, wärs in meinem Normalleben vielleicht grad Mittag und mein Magen wär› parat. Wann bin ich wo um welche Zeit real und normal? Muss das wirklich auch auf die Liste? Ich gebs auf. Ich ess› einfach was es gibt, wenn es etwas gibt, zahl› ich cash, und wenn es nichts gibt, ess› ich halt nichts. Und für den Notfall nehm› ich ein paar Bio-Getreideriegel mit.

To do Liste, kryptisch, aber alles drauf!

Andererseits, alle Langstreckenflüge auf diesem Trip sind nachts. Also: essen vergessen. Man muss ja nicht essen, nur weil mans kann. Dasselbe Problem stellt sich bei den Zusatzleistungen wie zum Beispiel dem Unterhaltungsprogramm. Auf welchen Flügen kostet es zusätzlich? Wo ist alles dabei? Vorausbuchen? Nachzahlen? Dann der Visabereich: Australien, Kanada und die USA wollen ein ETA, Electronic Travel Autorisation. Muss mindestens 3 Tage im Voraus beantragt werden, online, und kostet jedes Mal 40 bis 50$. Beantragen, warten, Mails checken, ausdrucken. Häkchen auf die Liste. Dann die Hotels: Mit Namen und Buchungsnummer auf die Liste. Bestätigungen ausdrucken wenn nicht elektronisch aufs Handy möglich. Fast vergessen: Die Flugtickets muss ich ja auch noch ausdrucken. Falls elektronisch was schiefläuft, hat mans im Sack.

Und jetzt, drei Tage vor Take off, gehts ans Einchecken. Die Airlines machen mich mit Mails darauf aufmerksam. Aber eben nicht alle Airlines. Also auch darüber muss ich Buch führen. Bei einer Airline kann man 40 Stunden vorher einchecken, bei der anderen innert 24 Stunden, bei wieder anderen gar nicht. Bei der Asia Air kann man sogar Nebensitze reservieren. Wenn der Flieger nicht voll ist, erhält man damit ein Liegeteil aus drei Sitzen. Kostet natürlich extra. Bei der Ukraine Air muss man am Checkin vorsprechen, die wollen das Handgepäck wiegen. Dafür kann man bei denen unter 12 Lunches und 6 Frühstücksversionen auswählen. Ich wähle nicht und lass› es jetzt einfach draufankommen. Wird schon noch was übrigbleiben für einen durchgeknallten Dauerflugreisenden.

Und jetzt geh› ich zum Coop rüber, Getreideriegel poschten.

Rockaroundtheworld – Startgedanken

Letzte Woche hat sich ein Tagblatt gemeldet und wollte unbedingt einen Artikel über diese Weltumrundung machen. Gut, habe ich gesagt, macht, soll mir ja auch recht sein. Dabei muss mann immer ziemlich aufpassen, was man von sich gibt und was die Journis daraus machen.

Ich bin ja selbst einer und weiss wie man Fakten verdreht (was nicht heisst dass ich selber auch Fakten verdrehe, ich wüsste aber wie es geht :). Heute hat eine Kollegin Interesse an den Blogs (den künftigen) gezeigt, sie möchte sie, alle oder einige, unbedingt in ihrem Blatt veröffentlichen. Natürlich gratis. Natürlich arbeite ich nicht gratis, sage ich, wär› ja zum Beispiel gut wenn sich die Reise irgendiwe finanzieren oder teilfinanzieren liesse.

So geht es natürlich nicht. Wenn einer eine Reise tut, so soll er davon erzählen, aber ich bin ja nicht Jesus, der alles verschenkt (der musste sich ja nichts kaufen, machte Wein aus Wasser). Selbst Goethe hat die Eindrücke seiner Reisen nicht verschenkt, sondern in Buchform verkauft, wenn auch erst die Erben so richtig etwas davon gehabt haben. Also, liebe Freundinnen und Freunde der gepflegten Reiseliteratur: Hier auf dieser Seite ist alles gratis. Zum lesen und zum teilen. Kopieren kostet, Weiterverbreiten erst recht.

Und nun sage ich Euch: Die Flugtickets für diese Reise kosten tatsächlich nur 1248 Franken. Pro Tag verfliege ich 125 Franken, damit sollte zumindest das Kerosin bezahlt sein, der Lohn derer, die an diesen Flügen mitarbeiten, wohl eher nicht. Doch die Fluggesellschaften legen ja trotzdem nicht drauf, sonst wären sie ja schon längst bankrott gegangen. Vielleicht finde ich ja mal heraus, wie die rechnen. Womit ich den ersten Beweis vorlege, noch bevor diese Reise begonnen hat: Selbst wenn wir glauben, das sei doch einfach nicht normal, birnenweich oder durchgeknallt – die Airlines verdienen immer noch daran. Deshalb denke ich mir, dass ich trotz der ungalublich tiefen Preise positiv zur Weltwirtschaft beitrage und ein paar Unternehmen und deren Mitarbeitenden unterstütze. Ob das auch ökologisch Sinn macht, ist eine andere Frage, die ich später zu beantworten versuche.

Ich habe übrigens meinem durchgeknallten Projekt einen Namen gegeben: rockaroundtheworld.

Rockaroundtheworld – die total durchgeknallte Weltumrundung

Rockaroundtheworld – Startvorbereitungen

Derweil sie auf der Corviglia oben ihre Startvorbereitungen treffen um sich dann im freien Fall nach Sankt Moritz runterzustürzen, treff› ich die Vorbereiten für den Start meiner Weltumfliegung in 10 Tagen. Natürlich habe ich die Flüge (10 Stück) längst gebucht und bezahlt.

In den letzten Tagen, bzw. Nächten, an den Tagen muss ja auch unsereiner einer serösen Erwerbstätigkeit nachgehen, habe ich mich dem Thema Übernachtungen ausserhalb der Flugzeuge gewidmet. Nicht immer bin ich grad in der Luft, wenn Nacht ist. Sechs Nächte bin ich am Boden: Eine Nacht in Bangkok («One Night in Bangkok», das war doch mal ein Pop-Song irgendwann in den Neunzigern?), eine in Sydney, drei in Honolulu (Hawaii), eine in Ponta Delgada (São Miguel, Hauptinsel der Azoren).

Wie ich mir da so eine Nacht am Bildschirm um die Ohren schlage, bin ich erst mal auf Widerstand gestossen. Auf den Widerstand meiner Kreditkarte nämlich. Hotelzimmer in Honolulu sind unverschämt teuer. Unverschämt, imfall. Noch unverschämter als in meiner Heimat. Unter 200$ geht gar nichts. Mit 300$ pro Nacht bistu dabei. Mit 400$ hastu’s gut. Wer das bezahlt – keine Ahnung. Ich habe mich anders entscheiden. Zum ersten Mal in meinem Reiseleben buche ich ein Airbnb-Zimmer. Private room mit eigenem Badezimmer und WLAN. Kostet auch 261 Stutz für drei Nächte.

Dagegen sind Zimmer in Bagkok geradezu spottend billig. 80$ für ein Viersternhotel-Doppelzimmer mit Kingsize-Bed und Wifi inclusive am Siam Place – no problem. Mit Pool und Bar auf dem Dach im 30.Stock. Da geht das Herz (die Kreditkarte) grad wieder auf. Vielleicht hätte ich besser drei Nächte in Bangkok eingeplant statt auf Hawaii.

Seis› drum. In zehn Tagen gehtz los. Morgen muss ich mir dann noch von Nachbar Hansueli ein Rezept für Schlaftabletten ausstellen lassen. Pillen schlucken, nur damit ich schlafen kann, auch etwas, was ich noch nie gemacht habe. Früher funktionierte Alkohol. Aber im zunehmenden Alter muss man Menschen mit der chemischen Keule in den Schlaf hauen. Nicht erfreulich – aber geht nicht anders.

Rockaroundtheworld geht über 42’000 Kilometer und 10 Städte rund um den Globus

Malaga, 30.12.16.

Meinen letzten Blogpost aus Malaga könnte man, also ich, etwa so betiteln: Ausschluss vom Paradies. Auch wenn ich in dieser Situation (siehe Bild) nicht allzuviel falsch gemacht habe, keinen verbotenen Apfel vom Baum geholt habe oder garament Vegetarier bin, fühle ich mich ausgeschlossen. Es gibt nicht sehr viele begehrenswerte Orte auf der Welt, an denen ich wirklich gerne eine Weile wäre und gleich in alles hineinbeissen wollte – spanische Metzgereien gehören dazu. Doch es ist wohl der Touristen Los, von bestimmten Dingen, die im Reich der Einheimischen liegen, ausgesperrt zu sein. Das ist in vielen Fällen gut so (auch wenn es gewissen Touris nicht passt), aber in diesem Fall ist es seelische Qual.

Klar, ich könnte jetzt da rein und meine Shoppingliste abhaken. Reinlassen (und wieder raus) würden mich die da bestimmt. Die Aussperrung ist eher eine gefühlte, imaginäre, ja illosorische, denn eine reale. Und das hat allein damit zu tun, dass ich praktisch von allem, was hier drin zum Verkauf angeboten wird, keine Ahnung habe. Ja, es ist alles Fleisch, und alles schmeckt köstlich (vermutlich). Aber man, also ich, kann ja nicht gleich alles zusammen kaufen, nur weil mir bei jedem Stück, jeder Wurst und jeder Terrine gleich das Mundwasser zusammenläuft. Selektionieren heisst die Devise, aussuchen, bestimmen, bestellen, vielleicht sogar probieren. Dann kaufen. Doch jetzt beginnt das Problem: Wie sage ich es der Dame hinter der Vitrine?

Mein Hirn denkt: «Ich möchte dies und das, und jenes auch, was ist das, was ist da drin, was ist der Unterschied zwischen dem und derer, ist es scharf, mild, gekocht, geräucht, roh, eingelegt, … undsoweiter.» Und jetzt? Alle diese Fragen auf Spanisch stellen ginge ja noch so einigermassen – aber die Antworten! Nichts von allem würde ich verstehen, was in dieser Wurst ist, warum dieser Schinken und nicht jener, aus was die schöne bleiche Terrine gemacht ist und aus was die schwarze.» Nichts von allem, was die Dame mir freundlich entgegnen würde, würde ich checken und wäre darum genauso gescheit wie am Anfang. Blind etwas kaufen? Einfach mal irgendwo anfangen? Eine Wurst vielleicht? Aber wenn ich die falsche erwische? Wäre die daneben nicht doch leckerer gewesen? Und wenn sie lecker ist, wie war jetzt wieder der Name? Kriege ich die allenfalls zuhause auch?

Doch ich bin Gast in einem Hotel. Woher kriege ich Messer, Gabel, Teller, Brot, Rioja? Hätte ich nachher vielleicht keinen Hunger mehr und würde eine andere Spezialität in einer Beiz verpassen? Soll ich die Wurst (welche, wieviel?), die Terrine (welche, wieviel?), den Jamon Iberico (einen ganzen? Gibtz den auch halb?) ins Gepäck packen? Wieviel darf ich einführen? Würde es das Teil, die Teile überhaupt bis zum Schweizer Zoll schaffen, hätt› ich sie nicht vorher verspiesen (beim Warten in der Wartehalle? z.B.)? Keine(r) weiss mir eine Antwort darauf. An der Theke dieser Metzgerei wäre ich der einsamste Mensch in Malaga. Deshalb gehe ich gar nicht hin zur Theke und steh› dann da wie der Esel am Berg. Doof und im Selbstmitleid mich alsdann von dannen machend. Deshalb fühle ich mich an solchen Orten immer irgendwie ausgeschlossen. Das Paradies vor Augen – doch ich lasse mich selbst nicht hinein.

Einblick ins Schlraffenland – irgendwie bleibt man doch draussen

P.S.: So ganz aussichtslos ist die Lage nicht, es gibt einen Ausweg aus der Misere: Das Stehtischchen im Vordergrund. Es ist nämlich genau dazu da, das Zeug’s im Laden auszutesten (und/oder den kleinen Mitternachtshunger zu stillen). Einfach an die Vitrine stehen, die Hände sprechen lassen und dazu ein Glas Roten bestellen. «Una copa de Rioja, por favor.». Und dann nochmals hinstehen, die Hände wieder sprechen lassen, Begeisterung zeigen. Nach dem vierten Copa de Rioja fällt das Problem der Kommunikation dann ohnehin weg.

Malaga, 29.12.16.

Nichts scheint wie es ist. Dieser Liebesschwur – oder ist es ein Liebeswunsch? – muss harte Stürme überstehen. Und hat schon, wie man an der verwitterten Schrift sieht. Der Schreiber, die Schreiberin, hat übrigens erst mal einen Versuch (oben im Bild) gebraucht, den abgebrochen, vielleicht einen Moment später dann das Definitivum geschaffen. Vielleicht hat er, sie, es sich nochmals überlegt, erst mal eine Nacht darüber geschlafen. Aber vielleicht hat er, sie, sich doch noch zuerst mit dem, der Angesprochenen abgesprochen: «Meinstu, machen wir’s?» Es im Liebesrausch hinzuschreiben oder es leben, das Leben zusammen (und sich dabei auch noch permanent zu lieben), sind zwei verschiedene Dinge.

Ich glaube eher, das der, die, Schreibende darauf aufmerksam gemacht wurde, dass man es so, wie er, sie, es im ersten Versuch hingessprayt hat, nur mit massiven Kopfverrenkungen oder mit einer Kameradrohne lesen kann. Darauf hat er, sie, nochmals begonnen und der Schwur, den Wunsch, die Feststellung oder was immer er, sie, damit meinte, so hinzutaggen, dass man, also die Passsanten, die Touristen, die ganze Stadt, ich,  es vom Ufer aus bequem lesen können. Das Geschriebene steht nämlich auf dem (Beton-)Grund des Flusses Guadalmedina, der Malaga mittig durchfliesst und in zwei Teile teilt. Nun ist der Begriff «fliessen» hierbei eher nicht angebracht. Die meiste Zeit fliesst der Guadalmedina nämlich nicht, nicht ein Tropfen, nicht mal als Rinnsal, denn gäbe es so eines, wäre es auf der Strecke aus den Bergen in Malagas Hinterland längst auch vertrocknet.

Das war nicht immer so. Einst teilte der Guadalmedina die Stadt nicht nur metaphorisch in zwei Teile: Am rechten Ufer wohnten die armen Schlucker, am linken haust die Oberschicht (in Fliessrichtung betrachtet, bzw. von Nord nach Süd, es ist wie erwähnt die meisten Zeit nicht zu erkennen, in welche Richtung das Wasser fliessen würde, so es denn fliesst). Das ist zwar immer noch so, aber zahlreiche Brücken verbinden links und rechts, der einst feuchte Graben des Guadalmedina ist kein Hindernis mehr, in die obere Schicht auf- oder in die Unterschicht abzusteigen. Dass ein trockenes Flussbett keinen guten Eindruck macht, schon gar nicht auf die Touristen, die man ja unbedingt anlocken will (siehe auch Abfalldeponien, pardon, ausgetrocknete Flussbette in Afrika oder Indien (oder Ex-Jugoslawien)), hat man auch in Malaga geckeckt.

Deshalb hat man in den vergangenen Jahren das Bett des nicht vorhandenen Flusses einem Urbanisierungsprogramm unterzogen. Man hat es eingedohl, teilweise begrünt, in Abschnitten betoniert, mit Treppen zugänglich gemacht. Damit ist zusätzlicher öffentlicher Raum für Freizeit, Sport und eventuell auch Kulur entstanden, man kann jetzt im Bett flanieren, Fussball spielen, Party machen oder Hunde scheissen lassen. Die grünen Abschnitte werden künstlich bewässert (nicht zurzeit, ob der Jahreszeit wegen oder aus Geldmangel, habe ich nicht in Erfahrung gebracht), die betonierten Flächen sauber gehalten (von den Benutzenden), so dass die ganze Sache in der Tat einen erfreulichen Eindruck macht. Und Touristen staunen lässt. Einen Kontrapunkt zur Enge in der Altstadt setzt. Die Seele schnaufen lässt.

Bleibt letztlich die Frage, ob das Pärchen, das sich hier die lebenslange Treue geschworen, gewünscht oder geträumt hat, von hüben oder drüben oder aus beiden Stadtteilen stammt. Wenn letzteres, wäre hier eine weitere symbolische Brücke geschlagen mit der Hoffnung, dass sie ein Leben lang hält. Oder zumindest bis es mal wieder richtig regnet im Hinterland.

Geht der Liebesschwur bald den Bach ab?

Trasmediterranea - Medeiterranea

Malaga, 28.12.16.

Sie ist ein kleines Ungetüm – die «Fortuny», hier im Hafen von Malaga auf ihre Abfahrt wartend. 172 Meter lang, 27’000 Tonnen schwer (vollbepackt), 4  Wärtsilä-Motoren à je 10’000 PS, max. 21.6 Knoten, max. 80 Lastwagen und 336 Personenwagen, max. 972 Passagiere, 748 Betten. Ein sogenanntes Ro-Ro-Passenger Ship, so genannt, weil man mit Fahrzeugen rauf- und runterfahren kann (roll-on-roll-off) und auch Passagiere mitfahren können. Aber eigentlich ist sie ganz einfach eine Fähre. Sie fährt täglich 14h30 von Malaga in 5h 30min nach Melilla. Melilla ist eine der zwei Exklaven Spaniens an der Küste von Marokko, bekannt geworden in letzter Zeit durch die illegalen Grenzzaunüberwindungsversuche junger Afrikaner.

Es ist anzunehmen, dass mit dieser Fähre schon der eine oder andere glücklich über den Zaun Gekommene nach Europa kam. «Ich bin drin!» (wie weiland Boris Becker in einem Werbesport, allerdings gings da ums Internet) wird er gerufen haben. Denn wer drin ist ist, ist in der Tat erst mal drin (in der EU), da können die Spanier noch so hohe Zäune bauen. Da passt der Name des Vehikels ja ganz gut (Fortune – Schicksal). Interessant ist auch die schiere Grösse der Fähre (und es gibt noch andere), die auf einen regen Personen- und Warenverkehr mit der kleinen Exklave (85’000 Einwohnende) hinweist.

Nun, der Zweck der «Fortuny» ist ja nicht das eigentlich Bemerkenswerte an ihr. Viel aufsehenerregender ist der Begriff «Trasmediterranea» an ihrer Seite. Der Begriff steht für «Compañía Trasmediterránea, S.A.», gegründet exakt heute vor 100 Jahren in Barcelona (heutiger Hauptsitz ist in Madrid).

Natürlich weckt so eine Fähre immer Sehnsüchte in mir. Wie gerne wäre ich gschnell nach Afrika rüber gefräst. Hätte ich nur früher dieses Malaga und seine Möglichkeiten recherchiert, oder hätte ich meinen Weiterflug verschoben oder hätte hätte…. oder käme ich mal wieder hierher. Mal sehen. Bemerkenswert, nicht zuletzt und überhaupt ist doch aber die Tatsache, dass hier auf der Backbordseite dieses imposanten Schiffs ein Schriftzug prangt, der anderswo auch für ein Reisebuch verwendet wurde: Mediterranea!

Trasmediterranea - Medeiterranea

Die «Fortuny» schippert täglich von Malaga nach Mellila

Malaga, 27.12.16.

Während ich auf dem Landgut «Goueillario d’en haut» im dicken grauen Nebel des farnzösischen Midi hocke, raffe ich mich dennoch auf, die Berichterstattung von meinem Kurztripp nach Südspanien weiterzuführen. Ich war ja vor vier Tagen noch gschnell am Strand von Malaga. Das wunderbar herausgepützelte Quartier heisst «La Malagueta», was rüde übersetzt «das kleine Malaga» bedeuten könnte, wenn es denn übersetzt werden würde oder müsste. Nichts zu tun hat das Strandquartier von Malaga mit dem «Pimienta de malagueta»,  das eine Bezeichnung für ein Gewürz aus Westafrika, scharf und bei uns als «Paradieskörner» bekannt ist.

Die Malagueta von Malaga ist nicht scharf, aber schön. Die Meile der drei «F’s»: Flanieren, (fr)essen, Freizeit verbringen. Es locken «La Playa» (der Strand), «Muelle uno» (Mole eins, Fressmeile) und die «Plaza de Toros» (Stierkampfarena). Die Plaza de Toros de la Malagueta ist ein runder Bau aus rotem Backstein, erbaut 1874 im Neomudéjar-Stil von Joaquín Rucoba (im Baustil der Mudejaren («Mudéjares»), der einstigen moslemischen Einwanderer und Landarbeiter bzw. Sklaven wurden im Mittelalter auf der iberichen Halbinsel viele Kirchen und andere öffentliche Gebäude gebaut, der Nachfolger im 19. Jh. hiess dann «Neomudéjar-Stil» (s.auch Postgebäude von Zaragoza oder «Arc de Triomf« in Barcelona).

«La Malagueta» steht natürlich längst unter Schutz, was nicht bedeutet, dass sie nicht genutzt wird. Es finden darin natürlich Stierkämpfe (an Ostern und zum «Feria di Agosto» im August) statt, aber nicht nur, natürlich kann in einer Arena wie dieser, gebaut für 9’000 Zuschauende, auch anderes stattfinden, was es auch tut. Zum Beispiel für Konzerte aller Art, Messen, Ausstellungen, und man kann sie natürlich auch privat mieten, für Hochzeiten oderso, kligg diss wenn Ihr dort heiraten wollt: La Malagueta. Man kann die Stierkampfarena auch fotografieren, allein schon weil sie einfach so wunderschön aussieht (man muss sie ja nicht gleich dissen, nur weil darin Tiere getötet werden), leider aber habe ich es versifft, deshalb hier ein Fremdfoto:

Stierkampfarena «La Malagueta» in Malaga (Foto: Olaf Tausch)

tobogganing - schlitteln

Malaga, 26.12.16.

Es sei ja Winter, imfall. Auch hier in Malaga ist der Winter ausgebrochen, obwohl ich, als genuiner Mitteleuropäer, davon nicht viel spüre. Dieser sogenannte Winter fühlt sich an wie Frühling. Um die 20° Celsius ist es am Mittag, ein laues Lüftchen weht vom Meer her, man kann problemlos auf den Terrassen sitzen und zu Mittag speisen. Nachts wird’s dann etwas kühl, man zieht sich ein Jäckchen über, dennoch sitzt man draussen und geniesst den Znacht in der Beiz, derer es im Centro (Altstadt) genug gibt. Und sie sind alle gut besetzt, bei einigen muss man sogar anstehen, das tun sie dann auch, die Esswilligen, weiss der Kucker warum sie das tun, ich würd› einfach in ein anderes Lokal gehen und/oder morgen wieder kommen. Oder übermorgen. Übermorgen ist ja auch noch Festtagsbrücke und überhaupt, zum Essen in der Beiz muss man ja nicht unbedingt arbeitsfrei haben.

Doch ein wenig Winter wollen sie schon haben, die Malaguenos, am besten so wie im Norden, da wo das Rentier herkommt und es in ihrer Vorstellung Schnee hat. Um Schnee zu produzieren ist es aber definitiv zu warm. Findige Schneersatzbeschaffer haben sich längst technische Lösungen einfallen lassen, man blicke nur ins obere Toggenburg oder nach Engelberg. Aber eben, echter Schnee braucht echte Kälte und die gibt es hier nicht. Hier gibt es Kunststoff. Spanische Erfinder haben eine Schlittelbahn aus Kunststoff gebaut. Die wird zurzeit rege benutzt (Bild anklicken – Viedeo ankucken!). Lustig ist das, Schlauch raufschleppen – runterfetzen. Für Kinder ein Riesenspass, für ein paar Kindgebliebene ebenso. Neben der Schlittelbahn – vielleicht sollte ich sie Luftkissenbahn nennen, es sind sophistizerte Lastwagenreifenschläuche, die als Schlittelgerät zum Einsatz kommen – haben sie eine kleine Eislaufbahn aufgestellt. Mit echtem Eis. Sie ist so begehrt, dass sie total überfüllt ist und man fast nicht auf die Schnauze fallen kann, wenn man’s Eislaufen nicht kann.

Und dann gibt’s auch noch ein Karrussell, einen Kletterpark, beides für Kinder gedacht, sowie eine Selfie-Ecke mit Kunststoffschneemann und Kunststofftannenzweigen. Alles ist gratis und natürlich nicht von der Stadt zur Verfügung gestellt, sondern vermutlich, so vermute ich, vom Kaufhaus «El Corte Inglés», auf dessen Vorplatz das Ganze steht. Und weill das Kaufhaus und alle anderen Läden auch am 2. Weihnachtstag bis mindestens 21 Uhr offen haben, wird das dargebotene Vergnügen auch rege bis in den späten Abend benützt. S’ischjo wägg de Chind, gell! Bei uns jammern sie (die Wintersporttouristiker), weil es keinen Schnee hat. Kommt her und schaut› euch das an, man muss halt bitzli Ideen haben!

tobogganing - schlitteln

Schlitteln ohne Schnee – El corte Inglés machtz möglich!

P.S.: Ich muss noch etwas nachtragen: Das Ding von gestern, dieser LED-Tunnel über der Calle Marqués de Larios, kann mehr als man im ersten Moment sieht. Es kann nämlich auch die Farben wechseln, ausserdem kann man es teilweise aus- und wieder anmachen, so wie die Lichtorgien bei einem Rockkonzert, man könnte sogar eine Lichtchoreografie machen. Aber das kann noch niemand, also lässt man den Zufallsgenerator arbeiten und der arbeitet dann irgendwie, so dass es wirr licht-orgelt, aber enad trotzdem noch recht bemerkenswert aussieht. Dazu lassen sie dann auch Musik laufen: sinnigerweise «Last Christmas» (Komponist/Autor tot), ebenso sinnigerweise «The Show must go  on» (Autor auch tot) und eher nicht sinnigerweise, aber nachvollziehbar, weils einfach gut tönt, «O fortuna» aus «Carmina burana» (Komponist ebenfalls tot). Das Spektakel ist sehr lebendig aber dauert nur zehn Minuten und wird stündlich wiederholt. Wie lange, weiss ich nicht, vielleicht bis die Anwohner reklamieren: «Jetzt reichtz aber!» (auf Spanisch tenk)