Vorkehrungen zur Einreise in den Sudan – Wie ich das Visum beinahe geschenkt bekommen und dabei meinen persönlichen Bankberater kennengelernt hab
LUXOR – Nun wird’s also Ernst, es beginnt der Teil meiner Reise, bei dem ich nicht so genau weiss, was auf mich zukommt. Aber das macht doch eine Reise zu einem Abenteuer, das macht’s doch erst interessant, macht’s doch erst geil! Ha! Nun gerade geil wird’s im Sudan nicht, aber überraschend, unterhaltsam, bisweilen absurd. Und warm wird’s auch, angenehm warm, nicht allzu heiss, wie man sich den Sudan üblicherweise vorstellt, sondern gerade richtig temperiert. Es ist ja auch hier immer noch Anfang Januar, somit Winter, jedenfalls sagen die Leute hier es sei Winter. Für mich beginnt der Sommer.
Die Einreise in den Staat Sudan beginnt aber schon mit der Einreichung des Visumantrags. Das kann man auch bei diesem angeblich mausarmen Staat im 21. Jh. online machen. Erst muss man aber 100 Franken auf ein Konto der sudanesischen Botschaft in Genf einzahlen, weil man den Beleg für die Überweisung dem Visumantrag anhängen (pdf) muss. Auch anhängen muss man, sollte man, eine Bestätigung des Sponsors (gemeint ist eigentlich eine Person, Firma oder Institution, die den Antragsteller einlädt; es reicht aber auch der Buchungsbeleg für die erste Nacht in einem Hotel oder die Kopie des Rück- oder Weiterflugtickets) und ein Bankkontoauszug. Natürlich hänge ich einen Auszug meines hundsmiserabel dotierten Bankkontos nicht an sondern ein zweites Mal das pdf der Überweisung. Ein Hotel habe ich noch nicht gebucht, also hänge ich das pdf des Tickets für meinen Weiterflug von Khartum nach Muskat, den ich bereits gebucht habe, an. Gleichzeitig mit der Online-Visa-Application muss man den Pass nach Genf schicken, inkl. ausgedruckte Kpoie der Bestätigung des Visumantrags.
Schon nach vier Tagen (!) erhalte ich Pass mit Visum zurück. Am selben Tag erhalte ich auch einen Brief meiner Bank. Man hätte die Überweisung von 100 CHF an die sudanesische Botschaft vorläufig gesperrt, steht da. Gemäss internationalen Abkommen seien wirtschaftliche Vorgänge mit dem Sudan verboten. Ich solle mich doch mit meinem persönlichen Berater bei der Bank in Verbindung setzen. Tja, wer ist enad mein persönlicher Berater bei meiner Bank? Seit Jahren verkehre ich mit dieser Bank ausschliesslich digital und ich habe noch nie auch nur eine Person, die da mit irgendwelchen Aufgaben mein Konto betreffend, beschäftigt ist, getroffen/gesehen/gesprochen. Ich rufe also die allgemein 0848xxxxx-Nummer an und warteschlaufe mich durch.
Wie gesagt, der Sudan werde von der halben Welt mit Wirtschaftsleistungen boykottiert (was die Amerikaner durchgesetzt haben, imfall), erklärt mir mein «persönlicher Bankberater». der Handel von Waren und somit Überweisungen von Geld seien untersagt, sagt der Mann, man befolge da als Bank nur die Internenen Vorschriften und die bestehende Gesetzeslage. Da er aber erkenne, dass die 100 Stutz ganz offensichtlich für die Kosten eines Visums vorgesehen seien, könne er unter Umständen die Überweisung freigeben. Diese Umstände seien die folgenden: Wenn ich privat in den Sudan reise, sei dies keine embargopolitisch verbotene Aktion, hingegen wenn ich zwecks Geschäften einreisen wolle, dann könne er nicht zustimmen.
Ich erkläre dem Mann (persönlicher Berater) meine Situation: Eigentlich reise ich geschäftlich, da ich eine Recherche unternehme, aus der dann Artikel für Printmedien und ein Buch entstehen. Anderseits sei ich eigentlich nur ein harm- und ahnungsloser Tourist, der das Land sehen will (eigentlich muss, weil es von Assuan nur den selben Weg zurück gibt oder eben die Flucht nach vorne durch den Sudan, aber das sage ich dem persönlichen Berater nicht, weil es sonst zu kompliziert wird). Der persönliche Berater sagt, er werde sich für die Sache einsetzen und wir beenden das Gespräch. Am folgenden Montag sehe ich online, dass die Bank die 100 CHF freigegeben hat.
Ihr aufmerksamen Lesenden habt nun bestimmt bemerkt, dass hier etwas chronologisch nicht stimmen kann. Da habt Ihr recht, denn: Ich habe den Pass mit dem Visum schon erhalten, bevor die Gebühr für den Antrag bei der Botschaft eingegangen ist. Ich hätte mir eigentlich die 100 Franken sparen können, oder?