PODGORICA 02/06/17. Nun ist Montenegro also auch in der NATO. Eine wesentliche Verstärkung ist das Land mit seinen rund 6’000 Soldaten (wieviele es wirklich sind, weiss niemand so genau, müsste man wohl den Verteidigungsminister fragen) für das Bündnis wohl nicht. Dafür eine strategische. Das transatlantische Militärbündnis ist nun an der ganzen Adriaküste, links wie rechts, und mit dazu im ganzen europäischen Teil des Mittelmeers (inklusive Türkei) präsent. Wenn man den kritzekleinen Küstenstreifen, der zu Bosnien & Herzegowina gehört (ca. 20 Kilometer zwischen Montenegro und Kroatien), mal übersieht. Dieser kleine Landzipfel wäre, jetzt mal rein theoretisch, der einzige Ort, wo die Roten (so hiess in der schweizerischen Armee (damals, als ich meinen unerheblichen Beitrag zur Landesverteidigung leistete) der Feind («BöFei» – der böse Feind)) an Land oder von diesem gehen könnten, ohne auf NATO-Hoheitsgebiet zu treten und einen Krieg zu provozieren (es wäre dann maximal ein Krieg mit Bosnien&Herzegowina, was niemanden in Europa wurmen würde, die Balkankriege Ende letzten Jh. hat auch niemanden gewurmt).
Der Beitritt Montenegros zur NATO wurde seit 2010 vorgespurt. Zuletzt fehlte das Einverständnis der USA, aber da war über den Jahreswechsel gerade Präsidentenwechsel. Den alten interssierte das Thema nicht mehr, den neuen noch nicht. Im Februar hat der neue jedoch zugestimmt und im April, also vor einem Monat, wurde die Sache im Parlament Montenegros besprochen und beschlossen. Vor 10 Tagen erfolgte der Beitritt formell. Die Bevölkerung wurde nicht gefragt. Wohlwissend, dass die wahrscheinlich dagegen gewesen wäre. Viele MontenegrinerInnen (nach Umfragen ist es die Mehrheit) halten nichts von der NATO. Sie taten es in Demonstrationen auch kund (siehe Bild), wenn auch aus verschiedenen Gründen. Für die Einen ist die NATO ein Bündnis von Weltbeherrschern, von Aggressoren, Mördern sogar. Und die Anderen, die nationalistisch Orientierten, würden lieber mit Serbien, bzw. Russland, zusammenspannen.
Es ist erst 18 Jahre her, da hat die NATO das Land, das sie jetzt unter ihre Fittiche genommen hat, noch bombardiert. Das war im Frühling 1999, Montenegro spannte noch mit Serbien in der «Bundesrepublik Jugoslawien» zusammen, mehr oder weniger widerwillig zwar, denn wenn es nicht hätte, wäre es wohl auch unter die Räder von Slobodan Milošević’s Kriegsmaschine gekommen. Jugoslawiens Armee (die eigentlich eine serbische Armee war) hatte Stützpunkte in Montenegro, von wo aus sie den Krieg in der abtrünnigen Provinz Kosovo befeuerte. Auch der Flughafen von Podgorica war so ein Stützpunkt. Als die NATO am 24. März 1999 in ihrer sog. «Operation Allied Force» begann, strategische Ziele in Kosovo und Serbien zu bombardieren, gerieten auch die Stützpunkte in Montenegro unter Feuer. 1’000 NATO-Kampfflugzeuge (v.a. US-amerikanische) entluden 14’000 Bomben über jugoslawischen Städten und feuerten 2’300 Raketen aus Flugzeugen und von Schiffen vor der Küste Montenegros ab. Einige davon waren für den kleinen Flughafen von Podgorica (bzw. die dortige «geheime» Flugzeugkaverne «Objekat Tuzi») bestimmt, doch ein paar Bomben trafen auch die Stadt selbst.
Die NATO deklarierte ihr Eingreifen auf dem Balkan im Frühling 1999 als humanitäre Aktion, um den Kosovo zu «befreien» (was nach einem Monat auch gelang und das Ende von Milošević’s grosserbischen Träumen einleitete). Natürlich hat Montenegro diese Attacken, die notabene volkerrechtswidrig waren, da die NATO, bzw. kein NATO-Land angegriffen wurde (der Zweck der NATO ist, sich untereinander zu helfen, wenn eines der Mitglieder von einem Nichtmitglied angegriffen wird) und sie die Einwilligung der UNO nicht erhielt (weil Russland und China dagegen waren), nicht vergessen. Doch einig ist sie sich nicht. Die Einen wollen einfach nur Frieden. Die Anderen wollen lieber Putin als Trump. Die mit knapper Mehrheit regierende Demokratische Partei der Sozialisten Montenegros DPS wollte Sicherheit.
Die militärische Flugzeugkaverne beim Flughafen von Podgorica wurde 2006 von einem Weinhändler gekauft und für seine Zwecke repariert und eingerichtet.