Es sei ja Winter, imfall. Auch hier in Malaga ist der Winter ausgebrochen, obwohl ich, als genuiner Mitteleuropäer, davon nicht viel spüre. Dieser sogenannte Winter fühlt sich an wie Frühling. Um die 20° Celsius ist es am Mittag, ein laues Lüftchen weht vom Meer her, man kann problemlos auf den Terrassen sitzen und zu Mittag speisen. Nachts wird’s dann etwas kühl, man zieht sich ein Jäckchen über, dennoch sitzt man draussen und geniesst den Znacht in der Beiz, derer es im Centro (Altstadt) genug gibt. Und sie sind alle gut besetzt, bei einigen muss man sogar anstehen, das tun sie dann auch, die Esswilligen, weiss der Kucker warum sie das tun, ich würd› einfach in ein anderes Lokal gehen und/oder morgen wieder kommen. Oder übermorgen. Übermorgen ist ja auch noch Festtagsbrücke und überhaupt, zum Essen in der Beiz muss man ja nicht unbedingt arbeitsfrei haben.
Doch ein wenig Winter wollen sie schon haben, die Malaguenos, am besten so wie im Norden, da wo das Rentier herkommt und es in ihrer Vorstellung Schnee hat. Um Schnee zu produzieren ist es aber definitiv zu warm. Findige Schneersatzbeschaffer haben sich längst technische Lösungen einfallen lassen, man blicke nur ins obere Toggenburg oder nach Engelberg. Aber eben, echter Schnee braucht echte Kälte und die gibt es hier nicht. Hier gibt es Kunststoff. Spanische Erfinder haben eine Schlittelbahn aus Kunststoff gebaut. Die wird zurzeit rege benutzt (Bild anklicken – Viedeo ankucken!). Lustig ist das, Schlauch raufschleppen – runterfetzen. Für Kinder ein Riesenspass, für ein paar Kindgebliebene ebenso. Neben der Schlittelbahn – vielleicht sollte ich sie Luftkissenbahn nennen, es sind sophistizerte Lastwagenreifenschläuche, die als Schlittelgerät zum Einsatz kommen – haben sie eine kleine Eislaufbahn aufgestellt. Mit echtem Eis. Sie ist so begehrt, dass sie total überfüllt ist und man fast nicht auf die Schnauze fallen kann, wenn man’s Eislaufen nicht kann.
Und dann gibt’s auch noch ein Karrussell, einen Kletterpark, beides für Kinder gedacht, sowie eine Selfie-Ecke mit Kunststoffschneemann und Kunststofftannenzweigen. Alles ist gratis und natürlich nicht von der Stadt zur Verfügung gestellt, sondern vermutlich, so vermute ich, vom Kaufhaus «El Corte Inglés», auf dessen Vorplatz das Ganze steht. Und weill das Kaufhaus und alle anderen Läden auch am 2. Weihnachtstag bis mindestens 21 Uhr offen haben, wird das dargebotene Vergnügen auch rege bis in den späten Abend benützt. S’ischjo wägg de Chind, gell! Bei uns jammern sie (die Wintersporttouristiker), weil es keinen Schnee hat. Kommt her und schaut› euch das an, man muss halt bitzli Ideen haben!
P.S.: Ich muss noch etwas nachtragen: Das Ding von gestern, dieser LED-Tunnel über der Calle Marqués de Larios, kann mehr als man im ersten Moment sieht. Es kann nämlich auch die Farben wechseln, ausserdem kann man es teilweise aus- und wieder anmachen, so wie die Lichtorgien bei einem Rockkonzert, man könnte sogar eine Lichtchoreografie machen. Aber das kann noch niemand, also lässt man den Zufallsgenerator arbeiten und der arbeitet dann irgendwie, so dass es wirr licht-orgelt, aber enad trotzdem noch recht bemerkenswert aussieht. Dazu lassen sie dann auch Musik laufen: sinnigerweise «Last Christmas» (Komponist/Autor tot), ebenso sinnigerweise «The Show must go on» (Autor auch tot) und eher nicht sinnigerweise, aber nachvollziehbar, weils einfach gut tönt, «O fortuna» aus «Carmina burana» (Komponist ebenfalls tot). Das Spektakel ist sehr lebendig aber dauert nur zehn Minuten und wird stündlich wiederholt. Wie lange, weiss ich nicht, vielleicht bis die Anwohner reklamieren: «Jetzt reichtz aber!» (auf Spanisch tenk)