PODGORICA 01/06/17. Viel Historisches gibt es nicht zu sehen in Podgorica. Geschichte hat die Stadt trotzdem. 1326 wurde Podgorica erstmals schriftlich erwähnt. Die Gründungssiedlung gehörte damals zum serbischen Reich. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts herrschten auf dem ganzen Balkan die Osmanen. Ab 1878, mit Beschluss des «Berliner Kongresses», gab es das Fürstentum Montenegro, wobei Podgorica, obwohl zur grössten Stadt und dem grössten Handelsplatz in der Region gewachsen, nicht Hauptstadt wurde (sondern Cetinje). Um 1900 hatte Podgorica 13’000 Einwohnende. 1918 wurde das Fürstentum, inzwischen ein Königreich, dem Königreich Jugoslawien einverleibt. 1946 erhielt die Stadt den Status der Hauptstadt der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro und den Namen Titograd (zu Ehren des dannzumal aktuellen jugoslawischen Ministerpräsidenten Josip Broz, genannt Tito) und sein Flughafen erhielt die IATA-Bezeichnung «TGD», die heute noch gilt. Seit dem 2. April 1992 (dem Jahr des Zusammenbruchs Jugoslawiens) heißt die Stadt wieder Podgorica. 2006 wurde Montenegro unabhängig und Podgorica die Hauptstadt des neuen Staates.
Doch nun aber zu einem besonderen Aspekt der jüngeren Geschichte Podgorica’s. Im 2. Weltkrieg wurde die Stadt von den Allierten heftig bombardiert (Montenegro war 1942 ein Protektorat Italien’s, 1943-1944 von Deutschland besetzt), mit dem Resultat, dass sie praktisch vollständig zerstört wurde (im April 1999 wurde Podgorica im Zusammenhang mit dem serbisch-kosovarischen Krieg auch von der NATO bombardiert). Somit gibt es heute in ganz Podgorica kein Gebäude, das älter als 70 Jahre ist. Auch Kirchen und Moscheen wurden von den Luftangriffen betroffen. Erst 1993 machte sich die serbisch-orthodoxe Kirche daran, ein ihrem Status gerecht werdendes Gotteshaus zu bauen (72 Prozent der MontenegrinerInnen sind serbisch-orthodox, bzw. montenegrinisch-orthodox). 10 Jahre dauerte dann der Bau der «Saborni Hram Hristovog Vaskrsenja» (Auferstehungskathedrale) in Podgorica. Nun ist es das grösste Gotteshaus der Stadt und die grösste orthodoxe Kirche des Landes und ein «must-see» für TouristenInnen (für orthodoxe TouristenInnen und PilgerInnen sowiso).
Was lange währt wird endlich gut und die neue Kathedrale macht sich tatsächlich gut. Wenigstens von innen. Von aussen ist sie hässlich und schludderig gebaut. Von innen aber ist sie sehenswert, ein richtiges Goldstück. 6’200 Quadratmeter Wände und Kuppeldecken sind mit Blattgold belegt (und ein schöner Teil davon wurde nach der Vergoldung mit Fresken übermalt). 1’872 Quadratmeter Boden sind mit Mosaiken belegt. Die Hauptkuppel ist 35 Meter hoch und die grösste der 17 Glocken ist 11 Tonnen schwer (im rechten Turm). Die Fresken zeigen wie üblich Szenen der Bibel, Gott und sein Sohn in allen Ausprägungen sowie zahlreiche Heilige und Personen der serbischen und montenegrinischen Geschichte. Dass die orthodoxe Kirche auch das Genre der Satire kennt, beweist ein besonderes Fresko: Es zeigt Karl Marx, Friedrich Engels und Josip Broz Tito in der Hölle.