briefpost
sehr viel post vom briefträger bekommt man ja als alleinstehender im fortgeschrittenen alter nicht mehr. die meisten rechnungen hat man auf elektronisch umgestellt, werbeschrott hat man per kleber abgestellt und die zeitungen bringt schon lange nicht mehr der briefträger/die briefträgerin, sondern der zeitungsausträger/die zeitungsausträgerin. somit liegen bei mir eigentlich nur noch die steuer- und die honorarabrechnungen im briefkasten. die die NZZ eigentlich auch elektronisch verschicken könnte. immerhin haben sie es jetzt geschafft, die abrechnungen für die 4 zeitungen, für die ich schreibe (und die alle um 7 ecken herum der NZZ gehören), nicht mehr in 4 separaten Couvert’s versenden, sondern nur noch in 2 (vielleicht schaffen sie’s dann irgendwann mal mit 1). dies als nicht sichtbare auswirkung der pressekonzentration in der ostschweiz. leider aber wurden die honorare nicht dem niveau der NZZ angepasst. komprimiert statt konzentriert erhöht.
da lag aber neulich neben der einladung zur zahnreinigung auch noch ein brief aus italien im briefkasten. «polizia municipale commune di arezzo» stand auf dem absender. ui, das hat nichts gutes zu bedeuten, dachte ich und subito wusste ich auch, was die gemeinde arezzo in der toscana da von mir wollte. jedenfalls nicht einen tourismuspreis übergeben, nur weil ich da mal übernachtet habe (1 million für den einmillionsten übernachter – warum nicht?). auf diesem schön aufgemachten briefpapier mit barcode und aktenzeichen P003/IH4738 informierte mich die policia in saubersten beamtendeutsch über eine verwaltungsrechtliche sanktion aufgrund einer strassenverkehrsordnungsverletzung. datum, uhrzeit, ort, wagentyp, kennzeichen, nummer der übertretung und artikel, gegen den ich verstossen habe – alles sauber aufgelistet.
und wie das auch in unserer durchorganisierten schweiz ist, stand da ausgedeutscht auch die art der strassenverkehrsordnungsverletzung: «Der Fahrzeugführer fuhr während der verbotenen Uhrzeiten ohne Genehmigung in die verkehrsbeschränkte Zone.» natürlich stand da auch mein name (als fahrzeughalter), ort und adresse. wie die das rausgebracht haben! ein halbes jahr nach der übertretung! nun denn, ich wollte die sache ja auch nicht abstreiten. obwohl das ja kein problem gewesen wäre, ich hätte ja behaupten können, dass meine moglie gefahren wäre (die es nicht gibt, aber beweist mir das mal, italienische polizisten!), die ich aber nicht verraten hätte, da ich familienmitglieder nicht nennen muss (so ist es jedenfalls in der schweiz). ich hätte die verwaltungsrechtliche sanktion auch ignorieren können, da in italien bussen innerhalb von 90 tagen zugestellt werden müssen (hat mir der präsident des hiesigen italienerverein’s gesagt).
aber ich habe sie nicht ignoriert sondern bezahlt, weil ich schon im nächsten april wieder nach italien fahren werde, und meine italienischkenntnisse nicht derart ausgeprägt sind, dass ich mich auf eine diskussion mit der grenzpolizei oder den carabinieri einlassen möchte. ich habe also bezahlt und gleichzeitig über das sehr fortgeschrittene zahlunssystem der commune di arezzo gestaunt. man kann da nämlich bussen online und mit kreditkarte bezahlen. man hat sogar einsicht in den «Vorgang» (wobei da auch nicht viel mehr steht als in der sanktion) und hätte sogar zugang zu einem radarfoto, so es denn eines gäbe. und dann stand da auch noch, dass man die busse innert 5 tagen begleichen soll, ansonsten sie beinahe das doppelte kosten würde. da den italienern aber schon ziemlich klar ist, dass so ein brief in die schweiz ein paar tage braucht, kann man den tag der zustellung auf der website gleich selber ankreuzen. doch der brief kam noch innerhalb der karenzfrist. auch das wundert mich sehr. die honorarabrechnung von der NZZ braucht nämlich stets mehr als eine woche von zürich bis degersheim.
a propos: die verwaltungsrechtliche sanktion kostete € 78.47. richtig herzig war der schlusssatz nach dem abschluss der überweisung: «Sehr geehrter Verbraucher, Wir teilen Ihnen mit, dass die Transaktion einen positiven Ausgang hatte.» eco italia! habt ihr hierzulande von einer behörde schon mal so einen bemerkenswert schönen satz gehört bzw. gelesen?